Hubert Fichte: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Hubert Fichte''' (* [[21. März]] [[1935]] in [[Perleberg]], [[Brandenburg]]; † [[8. März]] [[1986]] in [[Hamburg]]) war ein [[Deutschland|deutscher]] [[Schriftsteller]].
'''Hubert Fichte''' (* 21. März 1935 in Perleberg, Brandenburg; † 8. März 1986 in [[Hamburg]]) war ein [[Deutschland|deutscher]] Schriftsteller.


==Leben==
==Leben==
Fichte, der sowohl eine Ausbildung zum [[Schauspieler]] als auch eine Lehre in der [[Landwirtschaft]] ([[1955]]-[[1957|57]]) absolvierte und zeitweilig als Schafshirte in der [[Provence]] in [[Frankreich]] arbeitete, lebte ab 1961 in Hamburg, zunächst kurzfristig in Lokstedt, dann an der Elbchaussee, schließlich - bis zu seinem Tod - in Othmarschen.  
Fichte, der sowohl eine Ausbildung zum Schauspieler als auch eine Lehre in der Landwirtschaft (1955-57) absolvierte und zeitweilig als Schafshirte in der Provence in [[Frankreich]] arbeitete, lebte ab 1961 in Hamburg, zunächst kurzfristig in Lokstedt, dann an der Elbchaussee, schließlich - bis zu seinem Tod - in Othmarschen.  


Nach missglückten dramatischen Versuchen veröffentlichte er unter anderem den Erzählband ''Der Aufbruch nach Turku'' (1963), ''Das Waisenhaus'' ([[1965]]), ''Die Palette'' ([[1968]]) und ''Detlevs Imitationen "Grünspan"'' (1971). Ein kurzer Erstdruck aus dem Roman "Detlevs Imitationen - Grünspan" erschien mit einem Portrait von Hubert Fichte in der Zeitschrift ''[[Konkret (Zeitschrift)|konkret]]'', Nr. 20 im Jahr 1970.
Nach missglückten dramatischen Versuchen veröffentlichte er unter anderem den Erzählband ''Der Aufbruch nach Turku'' (1963), ''Das Waisenhaus'' (1965), ''Die Palette'' (1968) und ''Detlevs Imitationen "Grünspan"'' (1971). Ein kurzer Erstdruck aus dem Roman "Detlevs Imitationen - Grünspan" erschien mit einem Portrait von Hubert Fichte in der Zeitschrift ''konkret'', Nr. 20 im Jahr 1970.


In früheren Ausgaben von ''konkret'' erschien regelmäßig Hubert Fichtes ''Plattenragout''. In der Kolumne "Polizei - Dein Freund und Helfer" setzt sich Hubert Fichte 1966 in ''konkret'', Nr. 8  kritisch mit der demokratischen Ordnung auseinander: "Soll der Gummiknüppel in unserer jungen Demokratie, auf der eine schlimme Hypothek lastet, Argumente, Humor, Verständigkeit von seiten der Polizei ersetzen?" Zu seinen prägenden Einflüssen gehörte neben [[Marcel Proust]] [[Hans Henny Jahnn]], den Fichte 1949 kennenlernte, aber auch [[Jean Genet]], mit dem er ein vielbeachtetes Interview geführt hat. Sein Verhältnis zu Jahnn - und dessen Einfluss auf die Entdeckung der eigenen [[Homosexualität]] - hat Fichte in seinem letzten zu Lebzeiten erschienenen Roman ''Versuch über die Pubertät'' (1974) dargestellt, mit dem er seinen autobiografisch inspirierten ''roman fleuve'' vorläufig zu einem Abschluss brachte.
In früheren Ausgaben von ''konkret'' erschien regelmäßig Hubert Fichtes ''Plattenragout''. In der Kolumne "Polizei - Dein Freund und Helfer" setzt sich Hubert Fichte 1966 in ''konkret'', Nr. 8  kritisch mit der demokratischen Ordnung auseinander: "Soll der Gummiknüppel in unserer jungen Demokratie, auf der eine schlimme Hypothek lastet, Argumente, Humor, Verständigkeit von seiten der Polizei ersetzen?" Zu seinen prägenden Einflüssen gehörte neben [[Marcel Proust]] [[Hans Henny Jahnn]], den Fichte 1949 kennenlernte, aber auch [[Jean Genet]], mit dem er ein vielbeachtetes Interview geführt hat. Sein Verhältnis zu Jahnn - und dessen Einfluss auf die Entdeckung der eigenen [[Homosexualität]] - hat Fichte in seinem letzten zu Lebzeiten erschienenen Roman ''Versuch über die Pubertät'' (1974) dargestellt, mit dem er seinen autobiografisch inspirierten ''roman fleuve'' vorläufig zu einem Abschluss brachte.


In den 1970er Jahren beschäftigte sich Fichte zunehmend mit [[Ethnologie|ethnologischen]] Untersuchungen. Von [[1971]] bis [[1975]] hielt er sich hierzu in [[Bahia]] ([[Brasilien]]), [[Haiti]] und [[Trinidad (Insel)|Trinidad]] auf. Die später von ihm selbst als "Ethnopoesie" zusammengefassten Werke wie ''Xango'' (1976) und ''Petersilie'' (1980) verließen dabei die [[Lyrik|lyrische]] Perspektive nicht. Eher einer Ethnografie des Inlands verpflichtet sind seine [[St. Pauli]] Interviews, die zuerst 1972 unter dem Titel ''Interviews aus dem Palais d'Amour etc.'', dann 1978 erweitert unter dem Titel ''Wolli Indienfahrer'' erschienen sind, ebenso seine Interviews mit Hans Peter Reichelt (''[[Hans Eppendorfer]]. Der Ledermann spricht mit Hubert Fichte'' (1977). Parallel zu Fichtes ethnografischen Büchern erschienen auch die Fotobände ''Xango'' und ''Petersilie'' der Fotografin [[Leonore Mau]], Fichtes Lebensgefährtin seit 1961.
In den 1970er Jahren beschäftigte sich Fichte zunehmend mit ethnologischen Untersuchungen. Von 1971 bis 1975 hielt er sich hierzu in Bahia (Brasilien), Haiti und Trinidad auf. Die später von ihm selbst als "Ethnopoesie" zusammengefassten Werke wie ''Xango'' (1976) und ''Petersilie'' (1980) verließen dabei die lyrische Perspektive nicht. Eher einer Ethnografie des Inlands verpflichtet sind seine [[St. Pauli]] Interviews, die zuerst 1972 unter dem Titel ''Interviews aus dem Palais d'Amour etc.'', dann 1978 erweitert unter dem Titel ''Wolli Indienfahrer'' erschienen sind, ebenso seine Interviews mit Hans Peter Reichelt (''[[Hans Eppendorfer]]. Der Ledermann spricht mit Hubert Fichte'' (1977). Parallel zu Fichtes ethnografischen Büchern erschienen auch die Fotobände ''Xango'' und ''Petersilie'' der Fotografin [[Leonore Mau]], Fichtes Lebensgefährtin seit 1961.


Die in den späten Siebzigern begonnene und auf 19 Bände angelegte ''Geschichte der Empfindlichkeit'' konnte von ihrem Verfasser jedoch nicht mehr beendet werden. Sie wurde ab [[1987]] aus dem Nachlass als Fragment veröffentlicht. Der letzte Band, ''Die zweite Schuld'', wurde vom Autor mit einer Sperrfrist von 30 Jahren versehen, ist aber dessen ungeachtet bereits 2006 erschienen. Er erzählt von Fichtes Zeit im Literarischen Colloquium in Berlin 1963/64 und besteht im Wesentlichen aus Interviews (mit Joachim Neugröschel, Elfriede Gerstl, [[Walter Höllerer]], [[Hermann Peter Piwitt]] und Klaus Stiller). Fichte starb 1986 kurz vor seinem 51. Geburtstag im [[Hafenkrankenhaus]] Hamburg. Er wurde auf dem Friedhof [[Hamburg-Nienstedten]] beigesetzt.
Die in den späten Siebzigern begonnene und auf 19 Bände angelegte ''Geschichte der Empfindlichkeit'' konnte von ihrem Verfasser jedoch nicht mehr beendet werden. Sie wurde ab 1987 aus dem Nachlass als Fragment veröffentlicht. Der letzte Band, ''Die zweite Schuld'', wurde vom Autor mit einer Sperrfrist von 30 Jahren versehen, ist aber dessen ungeachtet bereits 2006 erschienen. Er erzählt von Fichtes Zeit im Literarischen Colloquium in Berlin 1963/64 und besteht im Wesentlichen aus Interviews (mit Joachim Neugröschel, Elfriede Gerstl, [[Walter Höllerer]], [[Hermann Peter Piwitt]] und Klaus Stiller). Fichte starb 1986 kurz vor seinem 51. Geburtstag im Hafenkrankenhaus Hamburg. Er wurde auf dem Friedhof Hamburg-Nienstedten beigesetzt.


=== Literarische Bedeutung ===
=== Literarische Bedeutung ===
Fichte wird heute neben [[Günter Grass]], [[Uwe Johnson]] und [[Arno Schmidt]] zu den wichtigsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit gezählt. <sup>''(Quelle?)''</sup>
Fichte wird heute neben Günter Grass, Uwe Johnson und Arno Schmidt zu den wichtigsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit gezählt. <sup>''(Quelle?)''</sup>


Seit 1995 verleiht die Stadt Hamburg im Gedenken an Fichte den [[Hubert-Fichte-Preis]] für besondere literarische Leistungen.
Seit 1995 verleiht die Stadt Hamburg im Gedenken an Fichte den [[Hubert-Fichte-Preis]] für besondere literarische Leistungen.


== Auszeichnungen ==
== Auszeichnungen ==
*1985 - [[Alexander-Zinn-Preis (Literaturpreis)|Alexander-Zinn-Preis]]
*1985 - Alexander-Zinn-Preis


== Werke <small>(Auswahl)</small>==
== Werke <small>(Auswahl)</small>==
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* ''St. Pauli Interviews'' Audio-CD, 77 Minuten, Originalaufnahmen 1969, hrsg. v. Nils Röller und Klaus Sander, mit Fotos von Leonore Mau, ISBN 3-932513-20-7 (Köln: supposé, 2000)
* ''St. Pauli Interviews'' Audio-CD, 77 Minuten, Originalaufnahmen 1969, hrsg. v. Nils Röller und Klaus Sander, mit Fotos von Leonore Mau, ISBN 3-932513-20-7 (Köln: supposé, 2000)
* ''Beat und Prosa. Live im Star-Club Hamburg 1966. Musik: Ian & The Zodiacs, Ferre Grignard'' Audio-CD, 50 Minuten, Köln: supposé 2004, ISBN 3-932513-41-X  
* ''Beat und Prosa. Live im Star-Club Hamburg 1966. Musik: Ian & The Zodiacs, Ferre Grignard'' Audio-CD, 50 Minuten, Köln: supposé 2004, ISBN 3-932513-41-X  
* ''Hubert Fichte - Hörwerke 1966-86; 2 [[MP3]] CD´s Gesamtspieldauer 18 Stunden, hrsg. von Robert Galitz, Kurt Kreiler und Martin Weinmann (Beibuch), Frankfurt a. M.: [[Zweitausendeins]], ISBN 3-86150-657-2
* ''Hubert Fichte - Hörwerke 1966-86; 2 MP3 CD´s Gesamtspieldauer 18 Stunden, hrsg. von Robert Galitz, Kurt Kreiler und Martin Weinmann (Beibuch), Frankfurt a. M.: Zweitausendeins, ISBN 3-86150-657-2


== Sekundärliteratur (Bücher) ==
== Sekundärliteratur (Bücher) ==
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== Filme über Hubert Fichte ==
== Filme über Hubert Fichte ==


* ''„Hubert Fichte - der schwarze Engel.“'' Dokumentation, 60 Min., Buch und Regie: Thomas Palzer, Produktion: [[Südwestrundfunk|SWR]], Erstausstrahlung: 30.&nbsp;März 2005  <ref>[http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/ard/sendung/77731/ „Hubert Fichte: Der schwarze Engel“], [[3sat]], 30. März 2005 </ref>
* ''„Hubert Fichte - der schwarze Engel.“'' Dokumentation, 60 Min., Buch und Regie: Thomas Palzer, Produktion: SWR, Erstausstrahlung: 30.&nbsp;März 2005  <ref>[http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/ard/sendung/77731/ „Hubert Fichte: Der schwarze Engel“], 3sat, 30. März 2005 </ref>
* ''„Palette revisited.“'' Dokumentation, 67 Min., Regie: Theo Janßen, Produktion: Tag/Traum, 2005 <ref>Jan-Frederik Bandel: [http://www.jfbandel.de/index.htm?row2col1=aktuell.htm Aktuelles zu Fichte]</ref>
* ''„Palette revisited.“'' Dokumentation, 67 Min., Regie: Theo Janßen, Produktion: Tag/Traum, 2005 <ref>Jan-Frederik Bandel: [http://www.jfbandel.de/index.htm?row2col1=aktuell.htm Aktuelles zu Fichte]</ref>


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== Weblinks ==
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* [http://www.rrz.uni-hamburg.de/Fichte-Forum Hubert Fichte Forum], aktuelle Informationen, Veranstaltungshinweise, Biografisches, Aufsätze, Bibliografien von der Universität Hamburg
* [http://www.rrz.uni-hamburg.de/Fichte-Forum Hubert Fichte Forum], aktuelle Informationen, Veranstaltungshinweise, Biografisches, Aufsätze, Bibliografien von der [[Universität Hamburg]]
* [http://www.hubertfichte.de Hubert Fichte - 70. Geburtstag 2005], 20. Todestag 2006, Veranstaltungen, Neuerscheinungen, Hinweise  
* [http://www.hubertfichte.de Hubert Fichte - 70. Geburtstag 2005], 20. Todestag 2006, Veranstaltungen, Neuerscheinungen, Hinweise  
* [http://www.suppose.de/texte/fichtepauli.html St. Pauli Interviews] mit O-Ton auf ''suppose.de''
* [http://www.suppose.de/texte/fichtepauli.html St. Pauli Interviews] mit O-Ton auf ''suppose.de''
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* [http://www.jfbandel.de/revisited.htm Palette revisited - eine Kneipe und ein Roman] auf ''jfbandel.de''
* [http://www.jfbandel.de/revisited.htm Palette revisited - eine Kneipe und ein Roman] auf ''jfbandel.de''
* [http://www.deichtorhallen.de/402.html Hubert Fichte und Leonore Mau.] Der Schriftsteller und die Fotografin (''deichtorhallen.de'')
* [http://www.deichtorhallen.de/402.html Hubert Fichte und Leonore Mau.] Der Schriftsteller und die Fotografin (''deichtorhallen.de'')
* [http://www.kulturgespenster.de Kultur & Gespenster - Hubert Fichte: Anmaßung, schönes Berichten und die Kosten der Unschuld], mit Texten von [[Kathrin Röggla]], Anna Echterhölter, Mario Fuhse, Gerd Schäfer und vielen anderen
* [http://www.kulturgespenster.de Kultur & Gespenster - Hubert Fichte: Anmaßung, schönes Berichten und die Kosten der Unschuld], mit Texten von Kathrin Röggla, Anna Echterhölter, Mario Fuhse, Gerd Schäfer und vielen anderen
* [http://archiv.tagesspiegel.de/drucken.php?link=archiv/09.03.2006/2398826.asp „Expedition ins Afrika der Seele“], [[Tagesspiegel]], 9. März 2006, „[[Herodot]] aus Hamburg-Lokstedt: Zwanzig Jahre nach seinem Tod wird der Schriftsteller Hubert Fichte wiederentdeckt.“
* [http://archiv.tagesspiegel.de/drucken.php?link=archiv/09.03.2006/2398826.asp „Expedition ins Afrika der Seele“], Tagesspiegel, 9. März 2006, „Herodot aus Hamburg-Lokstedt: Zwanzig Jahre nach seinem Tod wird der Schriftsteller Hubert Fichte wiederentdeckt.“
 
[[Kategorie:Personen|F]]
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Version vom 15. Oktober 2006, 23:56 Uhr

Hubert Fichte (* 21. März 1935 in Perleberg, Brandenburg; † 8. März 1986 in Hamburg) war ein deutscher Schriftsteller.

Leben

Fichte, der sowohl eine Ausbildung zum Schauspieler als auch eine Lehre in der Landwirtschaft (1955-57) absolvierte und zeitweilig als Schafshirte in der Provence in Frankreich arbeitete, lebte ab 1961 in Hamburg, zunächst kurzfristig in Lokstedt, dann an der Elbchaussee, schließlich - bis zu seinem Tod - in Othmarschen.

Nach missglückten dramatischen Versuchen veröffentlichte er unter anderem den Erzählband Der Aufbruch nach Turku (1963), Das Waisenhaus (1965), Die Palette (1968) und Detlevs Imitationen "Grünspan" (1971). Ein kurzer Erstdruck aus dem Roman "Detlevs Imitationen - Grünspan" erschien mit einem Portrait von Hubert Fichte in der Zeitschrift konkret, Nr. 20 im Jahr 1970.

In früheren Ausgaben von konkret erschien regelmäßig Hubert Fichtes Plattenragout. In der Kolumne "Polizei - Dein Freund und Helfer" setzt sich Hubert Fichte 1966 in konkret, Nr. 8 kritisch mit der demokratischen Ordnung auseinander: "Soll der Gummiknüppel in unserer jungen Demokratie, auf der eine schlimme Hypothek lastet, Argumente, Humor, Verständigkeit von seiten der Polizei ersetzen?" Zu seinen prägenden Einflüssen gehörte neben Marcel Proust Hans Henny Jahnn, den Fichte 1949 kennenlernte, aber auch Jean Genet, mit dem er ein vielbeachtetes Interview geführt hat. Sein Verhältnis zu Jahnn - und dessen Einfluss auf die Entdeckung der eigenen Homosexualität - hat Fichte in seinem letzten zu Lebzeiten erschienenen Roman Versuch über die Pubertät (1974) dargestellt, mit dem er seinen autobiografisch inspirierten roman fleuve vorläufig zu einem Abschluss brachte.

In den 1970er Jahren beschäftigte sich Fichte zunehmend mit ethnologischen Untersuchungen. Von 1971 bis 1975 hielt er sich hierzu in Bahia (Brasilien), Haiti und Trinidad auf. Die später von ihm selbst als "Ethnopoesie" zusammengefassten Werke wie Xango (1976) und Petersilie (1980) verließen dabei die lyrische Perspektive nicht. Eher einer Ethnografie des Inlands verpflichtet sind seine St. Pauli Interviews, die zuerst 1972 unter dem Titel Interviews aus dem Palais d'Amour etc., dann 1978 erweitert unter dem Titel Wolli Indienfahrer erschienen sind, ebenso seine Interviews mit Hans Peter Reichelt (Hans Eppendorfer. Der Ledermann spricht mit Hubert Fichte (1977). Parallel zu Fichtes ethnografischen Büchern erschienen auch die Fotobände Xango und Petersilie der Fotografin Leonore Mau, Fichtes Lebensgefährtin seit 1961.

Die in den späten Siebzigern begonnene und auf 19 Bände angelegte Geschichte der Empfindlichkeit konnte von ihrem Verfasser jedoch nicht mehr beendet werden. Sie wurde ab 1987 aus dem Nachlass als Fragment veröffentlicht. Der letzte Band, Die zweite Schuld, wurde vom Autor mit einer Sperrfrist von 30 Jahren versehen, ist aber dessen ungeachtet bereits 2006 erschienen. Er erzählt von Fichtes Zeit im Literarischen Colloquium in Berlin 1963/64 und besteht im Wesentlichen aus Interviews (mit Joachim Neugröschel, Elfriede Gerstl, Walter Höllerer, Hermann Peter Piwitt und Klaus Stiller). Fichte starb 1986 kurz vor seinem 51. Geburtstag im Hafenkrankenhaus Hamburg. Er wurde auf dem Friedhof Hamburg-Nienstedten beigesetzt.

Literarische Bedeutung

Fichte wird heute neben Günter Grass, Uwe Johnson und Arno Schmidt zu den wichtigsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit gezählt. (Quelle?)

Seit 1995 verleiht die Stadt Hamburg im Gedenken an Fichte den Hubert-Fichte-Preis für besondere literarische Leistungen.

Auszeichnungen

  • 1985 - Alexander-Zinn-Preis

Werke (Auswahl)

  • Der Aufbruch nach Turku. Erzählungen, Hamburg: Hoffmann und Campe, 1963
  • Im Tiefstall. Erzählung, Göttingen: Galerie im Centre, 1965
  • Das Waisenhaus. Roman, Reinbek: Rowohlt, 1965
  • Die Palette. Roman, Reinbek: Rowohlt, 1968
  • Detlevs Imitationen »Grünspan«. Roman, Reinbek: Rowohlt, 1971
  • Interviews aus dem Palais d’Amour, Reinbek: Rowohlt, 1972; erweitert dann unter: Wolli Indienfahrer, Frankfurt a.M.: Fischer 1978
  • Versuch über die Pubertät. Roman, Hamburg: Hoffmann und Campe 1974
  • Xango. Die afroamerikanischen Religionen II. Bahia. Haiti. Trinidad, Frankfurt a.M.: Fischer, 1976
  • Petersilie. Die afroamerikanischen Religionen IV. Santo Domingo. Venezuela. Miami. Grenada, Frankfurt a.M.: Fischer, 1980
  • Psyche. Anmerkungen zur Psychiatrie in Senegal, Frankfurt a.M.: Qumran, 1980
  • Zwei Autos für den Heiligen Pedro Claver, Frankfurt a.M.: Qumran, 1982
  • Lazarus und die Waschmaschine. Kleine Einführung in die Afroamerikanische Kultur, Frankfurt a.M.: Fischer, 1985
  • »Deiner Umarmungen süße Sehnsucht«. Die Geschichte der Empfindungen am Beispiel der französischen Schriften des Grafen August von Platen-Hallermünde, Tübingen 1985
  • Die Geschichte der Empfindlichkeit, Frankfurt a.M.: Fischer, 1987ff.
  • Hubert Fichte – Jean Genet [Interview]. Mit Photos von Leonore Mau, Aachen: Rimbaud, 1992
  • Ödipus auf Haknäss. Schauspiel, Frankfurt a.M.: Fischer, 1992

CDs

  • Gott ist ein Mathematiker. Annäherungen an die traditionelle Psychiatrie in Togo, Audio-CD, 60 Minuten, Originaltonaufnahme, hrsg. v. Nils Röller und Klaus Sander in Zusammenarbeit mit Leonore Mau, ISBN 3-932513-21-5 (Köln: supposé, 2000)
  • St. Pauli Interviews Audio-CD, 77 Minuten, Originalaufnahmen 1969, hrsg. v. Nils Röller und Klaus Sander, mit Fotos von Leonore Mau, ISBN 3-932513-20-7 (Köln: supposé, 2000)
  • Beat und Prosa. Live im Star-Club Hamburg 1966. Musik: Ian & The Zodiacs, Ferre Grignard Audio-CD, 50 Minuten, Köln: supposé 2004, ISBN 3-932513-41-X
  • Hubert Fichte - Hörwerke 1966-86; 2 MP3 CD´s Gesamtspieldauer 18 Stunden, hrsg. von Robert Galitz, Kurt Kreiler und Martin Weinmann (Beibuch), Frankfurt a. M.: Zweitausendeins, ISBN 3-86150-657-2

Sekundärliteratur (Bücher)

  • Bandel, Jan-Frederik (Hg.): Tage des Lesens. Hubert Fichtes "Geschichte der Empfindlichkeit" (Hubert Fichte Studien Bd. 5). Aachen, Rimbaud 2006.
  • Bandel, Jan-Frederik / Hempel, Lasse Ole / Janßen, Theo: Palette revisited. Eine Kneipe und ein Roman. Hamburg, Edition Nautilus 2005.
  • Bandel, Jan-Frederik: Fast glaubwürdige Geschichten. Über Hubert Fichte (Hubert-Fichte-Studien Bd. 3). Aachen, Rimbaud 2005.
  • Bandel, Jan-Frederik: Hubert Fichte: Hotel Garni, Doppelzimmer (Hubert-Fichte-Studien Bd. 2). Aachen, Rimbaud 2004.
  • Beckermann, Thomas (Hrsg.): Hubert Fichte - Materialien zu Leben und Werk. Frankfurt/M., Fischer 1985.
  • Böhme, Hartmut / Tiling, Nikolaus (Hrsg.): Leben, um eine Form der Darstellung zu erreichen. Studien zum Werk Hubert Fichtes. Frankfurt/M., Fischer 1991.
  • Böhme, Hartmut / Tiling, Nikolaus (Hrsg.): Medium und Maske. Die Literatur Hubert Fichtes zwischen den Kulturen. Stuttgart, M & P Verlag für Wissenschaft und Forschung 1995.
  • Böhme, Hartmut: Hubert Fichte. Riten des Autors und Leben der Literatur. Stuttgart, Metzler 1992.
  • Braun, Peter / Weinberg, Manfred: Ethno/Graphie. Reiseformen des Wissens. Tübingen, Gunter Narr 2002.
  • Braun, Peter: Die doppelte Dokumentation. Fotografie und Literatur im Werk von Leonore Mau und Hubert Fichte. Stuttgart, Metzler 1997.
  • Carp, Ulrich: Rio Bahia Amazonas. Untersuchungen zu Hubert Fichtes Roman der Ethnologie mit einer lexikalischen Zusammenstellung zur Erforschung der Religionen Brasiliens. Würzburg, Königshausen & Neumann 2002.
  • Fisch, Michael: Gesten und Gespräche. Über Hubert Fichte. (Hubert-Fichte-Studien Bd. 4). Aachen, Rimbaud 2005.
  • Fisch, Michael: Verwörterung der Welt. Über die Bedeutung des Reisens für Leben und Werk von Hubert Fichte. Orte - Zeiten – Begriffe (Hubert-Fichte-Studien Bd. 1). Aachen, Rimbaud 2000.
  • Hälfte des Lebens. Leonore Mau: Hubert Fichte. Eine fotographische Elegie von Ronald Kay. Schriftenreihe der Hamburgischen Kulturstiftung, Band 4. Hamburg, Dölling und Galitz 1996.
  • Heinrichs, Hans-Jürgen: Die Djemma el-Fna geht durch mich hindurch. Oder wie sich Poesie, Ethnologie und Politik durchdringen. Hubert Fichte und sein Werk. Bielefeld, Pendragon 1991.
  • Kamath, Rekha: "Schichten statt Geschichten". Selbst- und Fremderforschung bei Hubert Fichte. Bielefeld, Aisthesis 1993.
  • Röhr, Sabine: Hubert Fichte. Poetische Erkenntnis. Montage - Synkretismus - Mimesis. Göttingen, Herodot 1985.
  • Schlagmann, Klaus: Ödipus - komplex betrachtet. Männliche Unterdrückung und ihre Vergeltung durch weibliche Intrige als zentraler Menschheitskonflikt. Darin (S.374 ff): Hubert Fichte: Ödipus auf Håknäss. Saarbrücken, Verlag Der Stammbaum und die 7 Zweige, 2005
  • Seifert-Waibel, Miriam: „Ein Bild aus tausend widersprüchlichen Fitzeln“. Die Rolle der Collage in Hubert Fichtes Explosion und Das Haus der Mina in São Luiz de Maranhão. Bielefeld, Aisthesis 2005.
  • Simo, David: Interkulturalität und ästhetische Erfahrung. Untersuchungen zum Werk Hubert Fichtes. Stuttgart, Metzler 1993.
  • Teichert, Torsten: “Herzschlag außen”. Die poetische Konstruktion des Fremden und Eigenen im Werk von Hubert Fichte. Frankfurt/M., Fischer 1987.
  • Tiling, Johann Nikolaus: Hauchbilder der Erinnerung. Biographische Spuren und die Entwicklung literarischer Motive im Werk Hubert Fichtes. Berlin, rosa winkel 1996.
  • von Wangenheim, Wolfgang: Hubert Fichte. München, edition text + kritik (Autorenbücher) 1980.
  • Weinberg, Manfred: Akut. Geschichte. Struktur. Hubert Fichtes Suche nach der verlorenen Sprache einer poetischen Welterfahrung. Bielefeld, Aisthesis 1993.

Sekundärliteratur (Aufsätze)

  • Bandel, Jan-Frederik: Hubert Fichte: Das Hörwerk 1966-86 (Rezension). In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Bandel, Jan-Frederik: Hubert Fichte: Die zweite Schuld (Rezension).In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Echterhölter, Anna: Schöner Berichten Alexander von Humboldt, Hubert Fichte und Daniel Kehlmann in Venezuela. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Frahm, Ole: Zerstreute Fremde Zur "Annäherung an die Geisteskranken" bei Leonore Mau und Hubert Fichte. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Fuhse, Mario: "Der Mensch ist ein Baum. Eichen meine Eltern. Die Fichte." Zu Impulsen des Schreibens bei Hubert Fichte. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Fuhse, Mario: "Von der Utopie über deren Scheitern zur Utopie" Zum Konzept der Geschichte der Empfindlichkeit. In: Tage des Lesens (2006)
  • Gillett, Robert M.: Terrorangriff und Terminologie. W. G. Sebald - Volker Hage - Hubert Fichte. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Gutmair, Ulrich: Ich sind die Anderen. Exotismus, Empfindlichkeit, Ethnopoesie und die Politik des Interviews bei Hubert Fichte. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Röggla, Kathrin: Ein Anmaßungskatalog für Herrn Fichte. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Schäfer, Gerd: Ohne Titel, oder: Kosten der Unschuld. Heino Jaeger und das andere Deutschland. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Schülke, Anne: Wohlwollendes Gerede über Hubert Fichte. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • these.null: Das imaginäre Werk Hubert Fichtes. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).

Filme über Hubert Fichte

  • „Hubert Fichte - der schwarze Engel.“ Dokumentation, 60 Min., Buch und Regie: Thomas Palzer, Produktion: SWR, Erstausstrahlung: 30. März 2005 [1]
  • „Palette revisited.“ Dokumentation, 67 Min., Regie: Theo Janßen, Produktion: Tag/Traum, 2005 [2]

Quellen

  1. „Hubert Fichte: Der schwarze Engel“, 3sat, 30. März 2005
  2. Jan-Frederik Bandel: Aktuelles zu Fichte

Weblinks