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Version vom 26. Oktober 2007, 17:37 Uhr

Gustaf Gründgens (*22.12.1899 in Düsseldorf, gestorben 07.10.1963 in Manila)

Gustaf Gründgens wird in Düsseldorf als Sohn einer alteingesessenen rheinischen Industriellenfamilie geboren. Als folgsamer Sohn besucht er ein Düsseldorfer Gymsasium und beginnt danach eine kaufmänische Lehre. 1916 meldet er sich freiwillig zum Kriegsdienst, aber erst 1917 wird er eingezogen und an die Westfront versetzt.

Der Krieg zeigt Gustaf seinen späteren Lebensweg auf. 1918 wird er Mitglied der Fronttheatergruppe Saarlouis, die er wenig später leitet. 1919/20 nimmt er Unterricht an der Hochschule für Bühnenkunst des Düsseldorfer Schauspielhauses. Gründgens ist ein hochbegabter Schauspieler, was in Theaterkreisen nicht unentdeckt bleibt. Feste Engagements an Theatern in Halberstadt (1920), Kiel (1921), Berlin (1922) und schließlich an den Kammerspielen in Hamburg (1923-1928) sind da nur logische Konsequenz. Sein reichhaltiges Repertoire umfaßt klassische Rollen, Operetten, Konversationsstücke und zeitgenössische Dramen. Gründgens spielt vor allem zwielichtige Charaktere, legt sich auf Rollen als elegante, distinguierte und kalte Herren, Verführer, Lebemänner, Intriganten oder Erpresser fest.

Berlin ist zu Beginn seiner Karriere der Dreh- und Angelpunkt seines Schaffens. Von 1928 bis 1933 dominiert er die Berliner Theaterszene als Schauspieler und Regisseur. 1929 wagt er sich auf neues Terrain und inszeniert seine erste Oper an der Kroll-Oper Berlin. 1930 wird auch der Film auf den außergewöhnlichen Künstler aufmerksam und Gründgens nimmt erste Filmrollen an. 1932 folgt der erste Auftritt in der Rolle seines Lebens, dem "Mephisto" in Goethes "Faust I".

Im Februar 1933 wird Gründgens durch Hermann Göring zum künstlerischen Leiter des Preußischen Staatstheaters ernannt. Dann geht es in seiner Karriere Schlag auf Schlag. Schon im November proklamiert das Regime ihn zum Senator der Reichskulturkammer, 1934 Ernennung zum Intendanten des Preußischen Staatstheaters. Von 1935 bis 1945 bekleidet er zusätzlich das Amt des Generalintendanten des Preußischen Staatstheaters. Gründgens macht die deutsche Klassik zum Zentrum des Spielplans. Neben seiner Arbeit in Deutschland betreut er deutsche Truppen in Norwegen (1942).

Nach Ende des Krieges wird Gründgens für mehrere Monate in sowjetischen Lagern interniert (1945/46). Er übersteht die anschließende Entnazifizierung unbeschadet, weil Kollegen sich für ihn aussprechen. Gründgens bedankt sich, in dem er widerum Künstler wie Veit Harlan entlastet, der das widerlichste Werk des Dritten Reiches, den Film Jud Süß, inszeniert hat. Für viele exilierte Künstler unverständlich, wird Gründgens bereits 1946 Schauspieler am Deutschen Theater in Ostberlin. 1947 arbeitet er als Regisseur für ein West Berliner Kabarett. Schon 1947-1951 ist er dann auch wieder in leitender Stellung als Generalintendant der Städtischen Bühnen in Düsseldorf tätig. Hier verbindet er gekonnt klassische Aufführungen und Inszenierungen moderner Autoren.

Sein unglaubliches Talent verhilft ihm dann auch, Präsident des deutschen Bühnenvereins zu werden (1948-1950). Seine Karriere erhält Anfang der 50er Jahre wieder Aufschwung. Der Mangel an jungen, innovativen Künstlern läßt Gründgens zum Leitbild des neuenstehenden deutschen Kulturbetriebs werden. Das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg macht ihn von 1955-1963 zum Generalintendanten und künstlerischen Leiter. 1959 trägt Gustaf Gründgens deutsche Kultur zum einstigen Feind und spielt mit seinem Ensemble in Moskau und Leningrad Faust I, Der zerbrochene Klug und Wallensteins Tod. 1963 tritt er zum letzten Mal als König Philip II. in Friedrich Schillers "Don Carlos" auf eine Bühne.

An Gustaf Gründgens scheiden sich in Deutschland lange die Geister. Ohne seine schauspielerische Leistung und sein Talent je in Frage zu stellen, ist er lange als Mitläufer der Nazis unter Kollegen verschrieen. Er selbst sieht sein Handeln immer nur in Zusammenhang mit seiner Arbeit. Er ist Schauspieler und er will auf der Bühne stehen. Damit ist er im Dritten Reich nicht allein. Auch Künstler wie Heinz Rühmann oder Marika Rökk arrangieren sich mit dem Bösen und spielen ihre jeweiligen Rollen nach dem Krieg runter. Der schmale Grat zwischen Propaganda und Kunst ist für Gründgens kein Thema. Er ist Schauspieler und kein Politiker.

Schon im Juni 1926 heiratet er Erika Mann, die lesbische Tochter Thomas Manns. Die Ehe wird bereits 1929 wieder geschieden. Ist die erste Ehe nur als Experiment und Freundschaftsdienst gedacht, wird die Beziehung zu einer Frau ab 1933 für Gründgens zum Mittel für ein unproblematischeres Leben, privat wie beruflich. Gründgens' Beziehungen zu jungen Männer sind immer wieder Thema in der Reichskanzlei. Sein Selbstschutz und seine Leidenschaft für den Beruf gehen soweit, dass er zum zweiten Mal die Ehe, diesmal eine sogenannte Lavendelehe, eingeht. Um die bisexuelle Schauspielerin Marianne Hoppe und sich selbst vor Nachstellungen der Nazis zu schützen, heiratet das Paar 1936. Die Scheidung erfolgt 1946.

Obwohl Gründgens nachweislich Kollegen hilft, bleibt seine Rolle im Dritten Reich undurchsichtig. Klaus Mann manifestiert diesen Eindruck in der Hauptfigur des Schlüsselromans "Mephisto. Roman einer Karriere", der 1936 im Amsterdamer Exil erscheint. Der Roman klagt die Haltung der Künstler an, die in Diensten der Nazis stehen und sich ihrer Schuld nicht bewußt sind. Der Schriftsteller und der Schauspieler sind vor dem Krieg Freunde und sogar verschwägert, doch der homosexuelle Klaus Mann kann Gründgens seinen mangelden Widerstand gegen die Nazis und die Kooperation mit dem Regime nicht verzeihen.

Gustaf Gründgens stirbt am 7.10.63 unter ungeklärten Umständen an einer Schlafmittelüberdosis in Manila, Philipinen.


Werk (Auswahl)

Regisseur

  • Eine Stadt steht Kopf (1932, auch Darsteller, Produktionsleiter und Liedtexter)
  • Die Finanzen des Großherzogs (1933, auch Drehbuch-Mitarbeit)
  • Kapriolen (1937, auch Darsteller)
  • Der Schritt vom Wege (1938/39, auch Herstellungsleiter)
  • Zwei Welten (1939, auch Herstellungsleiter)
  • Friedemann Bach (1940/41; künstlerische Oberleitung; auch Darsteller und Herstellungsleiter)
  • Faust (1960; künstlerische Oberleitung; auch Darsteller)

Darsteller

  • Ich glaub' nie mehr an eine Frau (Max Reichmann, 1929/30)
  • Va Banque (Erich Waschneck, 1930)
  • Hokuspokus (Gustav Ucicky, 1930)
  • Danton (Hans Behrendt, 1930/31)
  • Brand in der Oper (Carl Froelich, 1930)
  • Yorck (Gustav Ucicky, 1931)
  • M - Eine Stadt sucht einen Mörder (Fritz Lang, 1931)
  • Luise, Königin von Preußen (Carl Froelich, 1931)
  • Die Gräfin von Monte Christo (Carl Froelich, 1931)
  • Der Raub der Mona Lisa (Geza von Bolvary, 1931)
  • Teilnehmer antwortet nicht (Mark Sorkin, Rudolf Katscher, 1932)
  • Liebelei (Max Ophüls, 1932/33)
  • Le tunnel/Der Tunnel (Curtis Bernhardt, 1933)
  • Die schönen Tage von Aranjuez (Johannes Meyer, 1933)
  • So endete eine Liebe (Karl Hartl, 1934)
  • Schwarzer Jäger Johanna (Johannes Meyer, 1934)
  • Das Erbe in Pretoria (Johannes Meyer, 1934)
  • Pygmalion (Erich Engel, 1935)
  • Das Mädchen Johanna (Gustav Ucicky, 1935)
  • Eine Frau ohne Bedeutung (Hans Steinhoff, 1936)
  • Tanz auf dem Vulkan (Hans Steinhoff, 1938)
  • Ohm Krüger (Hans Steinhoff, 1941)
  • Das Glas Wasser (Helmut Käutner, 1960)
  • Faust; Der Tragödie Erster Teil, 1960)

als Gustaf Gründgens

  • Das gab's nur einmal (Spielfilm mit Dokumentarteilen; Geza von Bolvary, 1958)
  • Jørgen Roos zeigt Hamburg (Dokumentarfilm, Jørgen Roos, 1961)
  • Gustaf Gründgens (TV-Dokumentarfilm, 1963)
  • Joachim Kaiser: "...ich erinnere mich". 2. Gustaf Gründgens (TV-Dokumentarfilm, 1989)
  • Der Prinzipal - Die Legende Gustaf Gründgens (TV-Dokumentarfilm, 1989)